Aus Solarzellen das Maximum herausholen

Bei 27 Prozent Wirkungsgrad ist so gut wie Schluss − hieß es bisher bei Einfach-Photovoltaikzellen. Das ZSW hat jetzt den Gegenbeweis angetreten. Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) hat zwei Beschichtungsanlagen für besondere Solarzellen im Labormaßstab in Betrieb genommen, die beispielsweise mit herkömmlichen Silizium-Solarzellen zu Tandems kombiniert werden. Das Ziel ist es, den Wirkungsgrad auf “deutlich” über 30 Prozent zu steigern und weitere Vorteile herauszuholen, während marktgängige Siliziumzellen mitterweile mit 27 Prozent fast an ihrem “praktischen Limit” angelangt seien. Das geht aus einer Mitteilung des ZSW vom 20. April hervor. Laut Jan-Philipp Becker, dem neuen Leiter des ZSW-Fachgebiets “Photovoltaik − Materialforschung” können Unternehmen aus der Solarindustrie in dem neuen Reinraum mit vier Beschichtungskammern um einen Zentralroboter herum Tandems “aus unterschiedlichen, übereinander geschichteten Solarzellen” entwickeln. Dabei wandelt die obere Solarzelle die Lichtwellen aus dem sichtbaren Teil des Sonnenspektrums in Strom um. Die untere Zelle holt dann neuerdings das infrarotnahe Spektrum heraus. Die eine neue Beschichtungsanlage stellt dabei Perowskit-Dünnschicht-Solarzellen her, die andere CIGS-Dünnschicht-Solarzellen. Sie lassen sich in dem Labor mit verschiedenen herkömmlichen Siliziumzellen externer Industriepartner verbinden. Perowskite sind verschiedene Mineralverbindungen mit gleicher Kristallstruktur wie gleichnamige natürliche Mineralien, die obendrein reichlich und kostengünstig auf der Erde zu haben sind. CIGS-Zellen bestehen aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen. Tandem-Solarzellen nutzen die Wellenlänge des Sonnenspektrums (links) besser aus und erreichen so einen höheren Wirkungsgrad. Im Beispiel nutzt die semitransparente Perowskit-Zelle des Tandems (rechts) den blau markierten Bereich des Spektrums, die Silizium- oder CIGS-Zelle den grün markierten Bereich Quelle: ZSW Ideal für Agri-PV und mehr Kombiniert man Perowskit-Zellen miteinander oder mit CIGS-Zellen, sind sie obendrein leichter und flexibler montierbar, weil sich die Module auch auf Kunststoff- oder Stahlfolie herstellen lassen. Das ist laut ZSW ein Vorteil für PV über Obstplantagen, im Fahrzeugdach oder in der gebäudeintegrierten PV. Die hergestellten Tandemzellen können die Industriepartner anschließend zusammen mit dem ZSW in dessen Testlabor “Solab” sowie im Freifeld auf ihre langfristige Stabilität testen. Die Beschichtungsanlagen wurde vom Bundeswirtschaftsministerium aus den Programmen “Capitano” und CIGS-Cluster” gefördert. Mit der Herstellung im Vakuum in dem hochreinen Raum “wollen wir die physikalischen Grenzen der Technologie ausloten”, erklärt Jan-Philipp Becker.

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Tandem-Solarzelle mit 24 Prozent Wirkungsgrad

Forschende haben eine Tandem-Solarzelle aus Perowskit und organischen Absorberschichten mit einem Wirkungsgrad bis 24 % entwickelt. Deren Potenzial ist längst nicht ausgereizt. Nanometer in der Wissenschaft, ein Schritt in der Energiewende: Ein deutsches Forscherteam hat in eine Tandem-Solarzelle aus Perowskit und organischen Absorberschichten an den Grenzflächen eine Schicht aus Indiumoxid integriert. Der „Interconnect“ misst gerade einmal 1,5 Nanometer und macht die Zelle offenbar deutlich effizienter. Sie erreiche einen Wirkungsgrad bis 24 %, schreiben die Wissenschaftler und sprechen von einem „neuen Weltrekord“ bei dieser Art von Solarzellen. Die neue Tandem-Solarzelle ist das Gemeinschaftswerk von Forschern der Universitäten Wuppertal und Köln, Projektpartner waren zudem Kolleginnen und Kollegen der Universitäten Potsdam und Tübingen sowie vom Helmholtz-Zentrum in Berlin und dem Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf. Zu Projektbeginn hatten die weltweit besten Perowskit-Organik-Tandemzellen einen Wirkungsgrad von circa 20 %. Um darüber hinaus zu kommen, „mussten innerhalb der Solarzelle die Verluste an den Grenzflächen zwischen den Materialien minimiert werden“, erklärte Selina Olthof vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Köln. Der Interconnect aus Indiumoxid verbinde „die organische Subzelle mit der Perowskitzelle elektrisch und optisch“. Die Experten geben sich zuversichtlich, aus ihrer neuen Lösung noch mehr herauskitzeln zu können. Simulationen der Wuppertaler Arbeitsgruppe zeigten, „dass mit diesem Ansatz in Zukunft Tandem-Zellen mit einem Wirkungsgrad jenseits der 30 Prozent erreichbar sind“, berichten sie. Die aktuellen Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler am 13. April in der Fachzeitschrift Nature unter dem Titel „Perovskite/organic tandem solar cells with indium oxide interconnect“ veröffentlicht.

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